Die Auftaktausstellung 2013 widmet sich dem Themenfeld „Arbeiten aus Papier“. Die Schau Pap(i)er Fashion – Pop. Avantgarde. Asiatika
zeigt dreidimensionale Objekte aus Papier und macht die Vielseitigkeit des Materials erfahrbar, während die Besucher gleichzeitig in die Welt der Mode entführt werden. Die Ausstellung spannt einen großen Bogen von den asiatischen Ursprüngen der Papierbekleidung über den Boom des Papierkleids in den 1960er Jahren bis hin zu zeitgenössischen Designs. Die Schau wird in Zusammenarbeit mit ATOPOS
Contemporary Visual Culture (Athen), einer der weltweit größten Sammlungen von Papierkleidern verschiedener Zeiten und Kulturen, und Barbican International Enterprises (London) gezeigt. Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des griechischen Ministeriums für Bildung und religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport. Nach Stationen in Athen, Zürich, Luxemburg und Antwerpen wird die Schau erstmals in Deutschland zu sehen sein.
Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden Exponate aus der Blütezeit des Papierkleids in den späten 1960er Jahren. Ein Werbegag des amerikanischen Papierunternehmens Scott Paper Company begründet 1966 mit einem Einwegpapierkleid, das als Marketinginstrument an Kunden abgegeben wird, einen kurzen, kulturhistorisch interessanten Siegeszug des Papierkleides. Die in „poppigen“ Farben bedruckten,
modern geschnittenen Papierkleider transportieren in treffender Weise das Lebensgefühl der „Swinging Sixties“ und erreichen innerhalb kurzer Zeit eine enorme Popularität in den USA und in Europa. Das Papierkleid wird zur Werbeleinwand umfunktioniert und in originellen Kampagnen eingesetzt. Die Beliebtheit des Papierkleides und seinen erfolgreichen Einsatz als Werbefläche weiß sich auch die Politik zu
Nutzen zu machen. US-Wahlkampagnen setzen das papierne Kleidungsstück gezielt als plakatives Werbeobjekt ein. So ziert beispielsweise das Gesicht eines Robert Kennedys die Kleider. Neben der Werbeindustrie springt auch die Modebranche auf die Trendwelle auf und wendet sich für einige Jahre dem Papierkleid zu. Modebewussten wird die Möglichkeit gegeben, sich für einen geringen Preis „hip“ einzukleiden und die Kleidung nach den eigenen Vorstellungen zu verändern und so zu individualisieren: u. a. erobern sog. „Self-Made-Paper Dresses“ den Markt. Die Vielfalt der Papiermode ist enorm: Die Designs erstrecken sich von fl oralen (Hippie-)Motiven, über grafische Muster hin zu Tiermotiven zumeist im klassischen A-Schnitt Papierkleid. Die Gestaltung der Papierkleider ist zudem von Wechselwirkungen mit der Bildenden Kunst geprägt. Sie greift die Ästhetik der Op und Pop Art auf und Künstler, wie James Rosenquist und Andy Warhol, liefern Entwürfe für die Kleider. Auch Modedesigner experimentieren mit dem Werkstoff Papier und entwerfen ausgefallene Schnitte für Jacken oder Abendroben. Sie kreieren Schuhe, Hüte sowie kurioserweise Bikinis. Papierenes Material wird in der Modeherstellung behandelt wie textiles. Nach einem zweijährigen intensiven Boom des Papierkleides verabschiedet sich das Paper Dress 1968 von der Modewelt.
Die Ursprünge der Papierkleidung liegen jedoch weit zurück und lassen sich im asiatischen Raum verorten. In China und Japan wird Papier seit Jahrhunderten für Kleidungsstücke verwendet und entsprechend der hohen Wertschätzung für den Werkstoff in der asiatischen Kultur auch zu kostbaren Prunkgewändern und Accessoires verarbeitet. Aber auch einfache Roben aus Papier, sog. Kamiko, werden seit dem 10. Jahrhundert von japanischen Mönchen getragen, die in dem Material den asketischen Wert ihrer Lebenseinstellung gewahrt sehen. In der Ausstellung sind neben diesen japanischen Kleidungsstücken aus dem 18. und 19. Jahrhundert sogar Papierschuhe aus jener Zeit zu sehen.
Seit einigen Jahren ist erneut ein großes Interesse der Modebranche am Werkstoff Papier zu verzeichnen: Designerinnen und Designer experimentieren mit dem leicht formbaren, vielseitig verwendbaren Material, das – durch neue Errungenschaften der Papier verarbeitenden Industrie gefördert – vielfältige gestalterische Lösungen ermöglicht. In der zeitgenössischen Mode spielen neben der Faszination für die vielfältigen formalen Möglichkeiten des Materials überdies der Ansatz des Ecodesigns, der in den 1960er Jahren wurzelnde Aspekt des „Do-it-yourself“ sowie die spannenden Wechselwirkungen zwischen Bildender Kunst und Modedesign eine Rolle. Die Ausstellung dokumentiert unterschiedliche zeitgenössische Ansätze anhand von Arbeiten bekannter Designerinnen und Designer und macht deren Intentionen erfahrbar.