Mit Eleganz & Poesie. Höhepunkte der französischen Zeichenkunst richtet die Galerie Stihl Waiblingen zum Abschluss des Ausstellungsjahres 2019 ihren Blick erstmals auf die vielseitigen künstlerischen Entwicklungen in der Zeit des französischen Manierismus, Barocks und Rokokos. Rund 75 der schönsten und bedeutendsten Blätter französischer Zeichner aus dem reichen Bestand an Altmeisterzeichnungen des Hessischen Landesmuseums Darmstadt sind zu Gast in Waiblingen. Präsentiert werden Arbeiten vom 16. bis 18. Jahrhundert, anhand derer nicht nur stilistische und thematische Entwicklungen oder politische und gesellschaftliche Veränderungen, sondern vor allem technische Vielfalt und Finesse zu entdecken sind.
Zeichnungen bieten einen unmittelbaren Zugang zum Kunstwerk. Kein anderes Medium lässt den Betrachter näher an den Entstehungsprozess eines künstlerischen Werks oder die Arbeitsweise eines Künstlers heranrücken. Selbstverständlich war das Zeichnen Teil der offiziellen Ausbildung angehender Künstler an der 1648 gegründeten französischen Akademie in Paris. Bevor die Zeichnung jedoch in den Rang einer vollwertigen Kunstform aufstieg und das Interesse der Sammler weckte, diente sie Künstlern als zu Papier gebrachter erster Gedanke einer künstlerischen Idee, als vorbereitende Studie für Gemälde und Skulpturen oder als detaillierter Entwurf für die Anfertigung eines kunsthandwerklichen Objekts.
Mit der Aufklärung änderte sich die Sichtweise auf die Zeichnung. Seit 1737 wurden Zeichnungen im Pariser Salon, der den höfischen Kunstgeschmack repräsentierte, gleichberechtigt neben Gemälden und Skulpturen ausgestellt. Mitte des 18. Jahrhunderts formierten sich zunehmend private Kreise, in denen das Sehen, als ein Teil der subjektiven Wahrnehmung, geschult sowie das gemeinsame Zeichnen praktiziert wurde. Schließlich verhalfen Liebhaber und Kenner, wie die berühmten Sammler Pierre Crozat oder Pierre Jean Mariette, der Zeichenkunst zu ihrem autonomen Rang.
Anhand ausgewählter Arbeiten von etwa 50 fran- zösischen Künstlern – darunter so herausragende Meister wie Jean-Antoine Watteau, François Boucher, Jean-Honoré Fragonard, Claude Gillot und Jean-Jacques de Boissieu – beleuchtet die Schau diesen spannenden Bedeutungswandel der Zeichnung. Verschiedene Themenbereiche, wie „Perspektive“, „Religiöses“, „Landschaft“, „Porträt“ sowie „Theater“, veranschaulichen die bevorzugten Sujets der damaligen Zeit und führen die Vielfalt des individuellen Ausdrucks der Künstler vor Augen. Ergänzend werden historische Papiere und Zeichenwerkzeuge ausgestellt, die den Arbeitsprozess deutlich machen.
Die Konzeption der Ausstellung Eleganz & Poesie. Höhepunkte der französischen Zeichenkunst geht auf die Präsentation im Hessischen Landesmuseum Darmstadt zurück, wo die kostbaren Werke 2018 erstmals gezeigt wurden. Bevor die Blätter wieder lichtgeschützt verwahrt werden, bietet die Galerie Stihl Waiblingen abermals Raum für die Präsentation dieser hochempfindlichen Arbeiten.