PICASSO. Der künstlerische Prozess

31. Januar bis 26. April 2015

Die Frühjahrsausstellung 2015 der Galerie Stihl Waiblingen widmet sich dem druckgrafischen Schaffen des Ausnahmekünstlers Pablo Picasso (1881–1973). Als „Magier der Grafik“ wurde er bezeichnet. In seinem gesamten, kaum überschaubaren grafischen Werk begleitete den Künstler stets die Faszination des Werkprozesses: 

„Ein Bild ist nicht von vornherein fertig ausgedacht und festgelegt. Während man daran arbeitet, verändert es sich im gleichen Maße wie die Gedanken. (…) Ein Bild muss langsam verwandelt werden, und manchmal kann ich einfach nicht den Punkt erreichen, an dem ich ihm das Letzte an Gedanken, das es nötig hat, mitgeben kann.“ 

Diese Arbeitsweise bezeichnet die Kunstgeschichte als prozessuales Bilddenken.

Die in Kooperation mit dem Kunstmuseum Pablo Picasso Münster gezeigte Ausstellung stellt unter dem Aspekt des „künstlerischen Prozesses“ das grafische Werk des Künstlers vor, der verschiedenste Arten des Druckens (Tief-, Flach- und Hochdruck) virtuos beherrschte. In der Schau sind zentrale Themen von Picassos Schaffen – wie Künstler und Modell, Mythologie, Stierkampf und natürlich seine Musen – anhand herausragender druckgrafischer Werke präsent.

Ferner erhalten die Besucher Einblick in die Ideenfindung und die faszinierende Kreativität Picassos. Der Druckgrafik fällt hierbei eine besondere Stellung zu, da sie die Möglichkeit bietet, Probe- und Zustandsdrucke zu schaffen, welche die verschiedenenm ,Entwicklungsphasen des Werkprozesses festhalten. „Ein schöpferischer Vorgang“, sagte Picasso, „ist nur durch alle Variationen hindurch wirklich zu verfolgen.“

In Picassos Schaffen nimmt die Grafik nicht nur quantitativ – er schuf mehr als 2000 grafische Blätter – eine bedeutsame Rolle ein, vielmehr wird gerade in der Grafik sein Bilddenken in besonderer Klarheit nachvollziehbar. So lotet er beispielsweise in der in den 1930er-Jahren entstandenen Suite Vollard die Ausdrucksmöglichkeiten des Tiefdrucks in einer höchst faszinierenden Bandbreite aus. Thematisiert wird in der Folge zudem die Interferenz zwischen den künstlerischen Medien innerhalb des eigenen Werks. Formideen und Gestaltungsweisen werden zwischen den Medien hin- und hergereicht beziehungsweise übersetzt oder umgemünzt.

Die elementare und immer wieder überraschende Formensprache Picassos, die technische Meisterschaft ebenso wie sein handwerkliches Geschick und die grenzenlose Experimentierfreude zeigen sich auch in den zahlreichen Lithografien, die ab 1945 entstehen. Der 
Drucker Fernand Mourlot spricht vom „lithografischen Fieber“, das den Spanier überkam. Folgen wie Der Stier (1945/46) oder 
auch die Dame mit grünem Haar (1949) demonstrieren eindrücklich, wie sich die Bildidee im Laufe des Werkprozesses konkretisiert. Für Picasso war quasi der Weg das Ziel.

Einen anderen „künstlerischen Prozess“ stellt Picassos Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte dar. Tradition und Innovation gehen im Werk des Künstlers stets eine schöpferische Symbiose ein: „Wenn ich schaffe“, so Picasso, „dann stehen die Künstler der Vergangenheit hinter mir.“ Die Ausstellung zeigt anhand von Paraphrasen und Variationen, z.B. nach den Werken von Lucas Cranach, wie Picasso die Vorbilder gemäß den Gesetzmäßigkeiten seiner Bildlogik gänzlich transformiert und aus Fremdem etwas Eigenes entstehen lässt. Der Linolschnitt ermöglicht es ihm, farbig reich orchestrierte Grafiken zu schaffen. Ab 1954 widmet er sich dieser Technik und entdeckt sie für die Kunst der Moderne gewissermaßen nochmals neu.

Die präsentierten Werke spannen einen zeitlichen Bogen von über 30 Jahren im Leben und Schaffen Pablo Picassos. In der Druckgrafik erprobt der Künstler explosive Formverbindungen sowie neue stilistische Konzepte. Dabei birgt jede grafische Technik ihre besonderen Gestaltungsmöglichkeiten, die Picasso sich in unnachahmlicher Weise zu eigen macht. In der Grafik kommt seine ganze Schöpferkraft ungeschmälert und in großer Klarheit zum Ausdruck.