Die Ausstellung »Kunst=Leben. John Cage« ist eine Werkstatt, eine Sammlung von Notizen, eine Collage. Sie folgt dem Gedanken John Cages »Was ich suche, ist das Öffnen von allem, was möglich ist und für alles, was möglich ist«. Sie will jene Aufmerksamkeit bewirken, die er so umschrieb: »Die Kunst hat die Funktion, die Leute für das Leben in ihrem Umkreis wach zu machen« oder auch »Wenn sich die Kunst
dem täglichen Leben annähert, wird sie uns dessen Schönheit erschließen«. Sie ist als spartenübergreifendes Projekt konzipiert und vollzieht John Cages kreative Grenzüberschreitung zwischen den Bereichen Musik, Bildender Kunst, Tanz und Theater nach. Mit 72 Exponaten und einem vielfältigen Begleitprogramm zieht sie Kreise um einen radikalen Neulandsucher, sein Denken, seine Arbeitsweise und seine Impulse.
Die visuellen Arbeiten des Künstlers sind, wie viele seiner Kompositionen, durch »I Ging – Zufallsoperationen« geprägt (I Ging – Das chinesische Buch der Wandlungen). Eindrückliche Beispiele dafür bilden seine Ryoanji-Zeichnungen und -Radierungen. »Where R = Ryoanji« bezieht sich auf den 1499 angelegten Steingarten des Klosters Ryoanji in Kyoto, den Cage im Jahr 1962 zum ersten Mal besuchte. Diese Serie ist in einer einnehmenden Art und Weise meditativ.
Eine sensible Wahrnehmung und zurückhaltender Respekt gegenüber der Natur und ihrer urwüchsigen, absichtslosen Gestaltungskraft wird in den Arbeiten »River, Rocks and Smoke«, »New River Watercolors« und »Variations« deutlich.
»Imitating nature in her manner of operation«, also die Funktionsweise der Natur nachzuvollziehen, dieses Postulat John Cages verkörpert nicht nur in feinfühliger Weise die Ryoanji-Serie, sondern auch die 35-teilige Serie von Farbradierungen »On the surface«.
Eine weitere Gruppe von Arbeiten beleuchtet John Cages Bezugspunkte zu anderen Künstlern. Die Lithographie und die Plexigramme »Not wanting to say anything about Marcel« entstanden auf Grund seines langjährigen und prägenden Kontakts zu Marcel Duchamp. Seine produktive Arbeitsverbindung zu Robert Rauschenberg und Jasper Johns vermitteln sich unter anderem über Arbeiten dieser beiden Künstler. Mit Rauschenberg und Johns tourte er über mehrere Jahre mit der Merce Cunningham Dance Company nicht nur durch die USA. Seine Beziehung zu Robert Rauschenberg charakterisierte John Cage so: »Es war phantastisch, als ich Robert Rauschenberg das erste Mal traf. Fast sofort hatte ich das Gefühl, dass es für uns nicht unbedingt notwendig war, miteinander zu sprechen, so viele Berührungspunkte hatten wir. Wir waren die geborenen Komplizen.« Ein Gemeinschaftsblatt von John Cage und Joseph Beuys für Merce Cunningham steht für eine weitere freundschaftliche Künstlerbeziehung.
Der Film »one11 and 103« von John Cage und Henning Lohner führt in seiner überzeugenden Einfachheit und gleichzeitigen Komplexität direkt in die Welt von John Cage, in der man »Bildern lauschen« und »Musik sehen« kann.