Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) – Maler, Bildhauer und Grafiker – war Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Brücke“ in Dresden und mit seiner Kunst für den deutschen Expressionismus wegweisend. Seine intensive Dresdner und Berliner Schaffensphase endete mit einer persönlichen Krise in den Jahren 1915/16. Nach einem ersten Erholungsaufenthalt in Davos im Jahr 1917 übersiedelte Kirchner schließlich im darauf folgenden Jahr in die Gebirgsstadt und lebte dort bis zu seinem Tod.
In der Schweiz begann für den Künstler, wie er 1925 in seinem Tagebuch notierte, „eine neue Art des Sehens und Schaffens an Hand des Erlebnisses der Berge“. In der durchdringenden Auseinandersetzung mit den Alpen und ihren Bewohnern erreichte Kirchners Kunst einen neuen Höhepunkt, der in Deutschland bislang vergleichsweise selten in Ausstellungen gewürdigt wurde.
Die städtische Galerie Stihl Waiblingen zeigt in Kooperation mit dem Kirchner Museum Davos eine Ausstellung zu einem der bedeutendsten grafischen Oeuvres der Klassischen Moderne. „Nirgends lernt man einen Künstler besser kennen als in seiner Grafik.“, schrieb Kirchner 1921 in einem autobiografischen Text. Die Ausstellung eröffnet durch die Konzentration auf Originalzeichnungen und Druckgrafiken verschiedenster Techniken (u.a. Bleistift, Kohle, Aquarell, Holzschnitt, Radierung, Lithografie) einen Zugang zum facettenreichen, höchst qualitätsvollen grafischen Schaffen Kirchners und lässt nachvollziehen, wie intensiv sich der Künstler den spezifischen Qualitäten und Ausdrucksmöglichkeiten der unterschiedlichen grafischen Techniken widmete. Die Zeichnungen und Grafiken werden durch eine Auswahl von Fotografien aus dem umfangreichen fotografischen Oeuvre des Künstlers komplettiert.
Den thematischen Fokus der Ausstellung bildet die künstlerische Auseinandersetzung Ernst Ludwig Kirchners mit der Davoser Bergwelt und ihren Bewohnern. Das Erleben der zunächst auf ihn verstörend fremd wirkenden Alpenlandschaft sowie die Begegnung mit den dieser grandiosen Natur eng verbundenen Bauern und Hirten übte auf Kirchner eine enorme Faszination aus. Seine Zeichnungen und Grafiken lassen eine große Intensität im Erfassen der überwältigenden Natur spüren und Kirchners individuellen Blick auf die Umgebung erfahrbar werden. Sie zeugen von seinem unermüdlichen Ringen, die beim „Erlebnis der Berge“ ausgelösten Empfindungen künstlerisch adäquat umzusetzen.
Das Kirchner Museum Davos, Kooperationspartner dieser Ausstellung, gehört zu den bedeutendsten Ausstellungs- und Forschungsstätten der Klassischen Moderne. Neben einer einzigartigen Kirchner-Sammlung, bestehend aus Werken der „Brücke“-Zeit, der Krisenjahre 1915-1917 und der Schweizer Schaffenszeit, besitzt das Museum ein umfangreiches Dokumentenarchiv zu Leben und Werk des Künstlers. Weitere Leihgeber der Ausstellung sind das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, das Museum Biberach, die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe und die Slg. E.W.K., Bern.