Der Simplicissimus gilt als eine der bedeutendsten politisch-satirischen Wochenschriften im deutsch-sprachigen Raum. Rund 125 Jahre nach Gründung der Zeitschrift widmet sich die Galerie Stihl Waiblingen deren relevantesten Themen rund um Gesellschaft und Politik und stellt die wichtigsten Kunstschaffenden vor, die den Simplicissimus vor allem in seiner Hochphase – von der Gründung 1896 bis zum Ersten Weltkrieg – maßgeblich prägten.
Von dem Verleger Albert Langen zunächst mit literarischem Fokus gegründet, schlug der Simplicissimus in den Folgejahren große Wellen: Er kombiniert Unterhaltungsfaktor mit scharfer Kritik, leicht-frivole Alltagsgeschichten mit harter Lebensrealität. Das Zusammenspiel von großformatigen, farbigen Zeichnungen begnadeter Künstlerinnen und Künstler mit humorvollen Bildunterschriften spricht eine breite Leserschaft an und hält ihr dabei den Spiegel vor. Konkurrenzblätter wurden schnell in den Schatten gestellt.
Die oftmals harschen Themen der Zeitschrift werden durch ihr Wappentier, die bissige rote Bulldogge, verkörpert und sind äußerst vielgestaltig: Neben der Innen- und Außenpolitik des Kaiserreichs setzt sich die Zeitschrift mit gesellschaftlichen Phänomenen auseinander. Sie karikiert Machthaber genauso wie Militär und Bürgertum, bedient und hinterfragt zugleich Klischees rund um den stumpfen bayerischen Biertrinker, die Willkür der Justiz und die emanzipierte Frau. Auch die antiklerikale und antifeudale Haltung des Blattes kommt zum Ausdruck, welches sich aufgrund seiner offenen Anprangerungen der Obrigkeiten mit Anklagen wegen Majestätsbeleidigung und Zensur konfrontiert sah. Ernste soziale Themen wie Armut und Prostitution, Wohnungsnot und Inflation fanden ebenso Einzug in die Zeitschrift wie seichtere, unterhaltende Blätter rund um technische Neuerungen (Fahrrad, Auto und die Luftfahrt kamen auf), Karneval, Sport, Mode und das neckische Miteinander von Mann und Frau.
Zur Riege der ständigen Mitarbeitenden gehörten neben Thomas Theodor Heine, der das Blatt zeichnerisch wie thematisch maßgeblich prägte, unter anderem auch Ferdinand von Reznicek, Bruno Paul, Eduard Thöny, Wilhelm Schulz, Karl Arnold und Olaf Gulbransson. Neben Käthe Kollwitz lieferte die Künstlerin Jeanne Mammen immer wieder Beiträge für den Simplicissimus. Indem man weibliche Kunstschaffende in der Zeitschrift veröffentlichen ließ, wurde Emanzipation also nicht nur in den Blättern der männlichen Kollegen thematisiert, sondern auch gelebt. M it einer Vielzahl originaler Zeichnungen wie auch Zeit- schriften ermöglicht die Ausstellung einen umfassen- den Einblick in Gesellschaft und Politik im Spiegel des Simplicissimus und lädt neben einer intensiven Auseinandersetzung mit den historischen Themen immer wieder zum Schmunzeln ein.